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Zwischen Elchen und Kühen: Ein Auslandspraktikum in Kanada

Luger Sabrina

Michaela Gruber ist 21 Jahre alt und gebürtige Lungauerin mit großer Reiselust. Als sie in der Landjugendzeitung liest, dass man mit dem Verein ein Auslandspraktikum machen kann, steht es für sie fest: Ein paar Monate will sie weg von daheim und etwas Neues erleben. Bald schon steht sie am Flughafen. Das Ziel: Kanada.

Die Salzburgerin ist auf einer Landwirtschaft mit dreißig Rindern aufgewachsen, hat die Landwirtschaftsfachschule abgeschlossen und dann die Lehre zur Tischlerin gemacht. „Ich wollt eigentlich mit 16 Jahren schon von der Schule aus ins Ausland gehen. Eine andere Kultur kennenlernen, mein Englisch verbessern", erzählt Michaela. Aber als sie mit ihrer Lehre fertig war: „War ich einfach reifer und habe mich mehr getraut. Und außerdem hab ich mir die Zeit nehmen können und Geld angespart gehabt“, erzählt uns Michaela. Mit 21 Jahren hat sie sich zusammengepackt. Ihr Ziel: „Hauptsache weit weg und Englisch. Also Kanada.“

Von September 2022 bis Jänner 2023 war die Salzburgerin weg. Eine Freundin war zur gleichen Zeit ebenfalls in Kanada, aber auf einem anderen Betrieb, zweieinhalb Flugstunden entfernt. In der westlichen Provinz Alberta hat Michaela auf einem Milchkuhbetrieb den Winter über mitgearbeitet. Den Winter, der in Kanada wirklich hart sein kann, hat sie nicht so schlimm empfunden: „Es ist eine so trockene Kälte und meistens sonnig. Da kannst du bei -10 Grad einfach nur im Pulli draußen sein. Im November hat es dann aber schon -40 Grad gehabt. Da bist du dann eh kaum draußen.“

Aber wie kommts eigentlich dazu?

Den Bewerbungsprozess, so erzählt sie, hat sie sich doch anders vorgestellt, als er war: „Es war richtig viel Papierarbeit, das habe ich mir schon leichter vorgestellt.“ Nachdem sie den Bericht über Auslandspraktika liest, ruft sie bei der Landjugend an und lässt sich beraten. Knapp ein Jahr vor Abflug hat sie mit dem Bewerbungsprozess bei der Landjugend begonnen. Dann hat sie einen Betrieb von der Partneragentur „International Rural Exchange Program“, mit dem die Landjugend zusammenarbeitet, vorgeschlagen bekommen.

„Ein Milchbetrieb mit hundert Stück! Wegen hundert Stück brauch ich nicht nach Kanada gehen“, hat sie denen gesagt. Dann hat sie einen Betrieb in Alberta mit tausend Milchkühen vorgeschlagen bekommen und diesen kontaktiert. Auf Anhieb waren sie sich sympathisch und Michaela hat sich entschlossen, dort hinzufahren. Dann waren noch der Papierkram mit Visum etc. zu erledigen.

More Herde, more Fun!

Die Unterschiede zwischen einem Betrieb mit dreißig und tausend Tieren ist natürlich enorm. Michaela erzählt von einem Tag im Winter, an dem siebzehn Kälber geboren wurden: „Und daheim freust‘ dich, wenn den ganzen Winter über ein paar Kälber kommen. Aber dort drüben in Kanada, das war schon ein Wahnsinn.“

Auch die Maissilage war ein anderes Kaliber, als Michaela von zuhause gewohnt ist: „Ich fahre ja gerne mit dem Traktor, aber dort bin ich um sechs Uhr in der Früh in den Stall gegangen und bin dann fünfzehn Stunden durchgehend am Traktor gesessen. Sogar gegessen hab‘ ich im Traktor. Das kennt man bei uns nicht.“

Ansonsten waren entmisten, einstreuen, Melkroboter waschen und Kälber einfüttern ihre täglichen Hauptaufgaben. Das war nicht viel anders als daheim, wie Michaela erzählt. Auch das Essen war gar nicht so anders, wie sie sagt: „Das war schon sehr traditionell. Viel Fleisch, viel Soße.“

Was Michaela sonst noch überrascht hat: Bei einem Bauernhof in der Größe, wie sie ihn in Kanada kennengelernt hat, arbeiten die Leute von halb acht in der Früh bis neun am Abend. „Da triffst du dann nicht oft andere Menschen.“ Außerdem sind „die Leute alle so nett und freundlich. Traditionen haben die aber nicht wirklich welche. Und sie können sich nicht vorstellen, einen Betrieb mit nur dreißig Stück zu haben. Einmal gab es dreißig trockene Kühe. Da hat der Sohn von der Gastfamilie gleich gescherzt, dass das für mich ja eine ganze Herde ist“, erzählt Michaela.

Neben der vielen Arbeit ist aber auch das Auslandserlebnis nicht zu kurz gekommen. Jedes zweite Wochenende hat Michaela drei Tage frei bekommen und ihre freie Zeit richtig g’scheit genutzt. Ein American Football Game, die Polarlichter, Eishockey- und Baseballgames, Bullrider Shows waren alle dabei. „Nach dem Fortgehen haben wir sogar einmal einen Schwung Elche gesehen. Sicher so fünfzig, die seelenruhig herumgegangen sind. Das bin ich natürlich nicht gewohnt.“

Die Verabschiedung von der Gastfamilie war ein „tschüss bis bald“, weil Michaela plant schon ihren nächsten Trip nach Kanada: „Nächstes Jahr geht eine Freundin von mir nach Kanada. Da fahr ich auf jeden Fall wieder hin und besuche auch meine Gast-Farm!“

Fotos: ©Michaela Gruber