Es gibt eine Landjugend in Wien?

Luger Sabrina

Zur Landwirtschaft in Wien: Ja, die gibt es. Und sie ist auch nicht unbeträchtlich. Ergo gibt es auch eine Landjugend. Ganze zwei Bezirksgruppen groß ist sie. Wir haben mit Alex Frauneder, Obmann der Wiener Landjugend, gesprochen, was die dort so machen und mit welchen Vorurteilen sie zu kämpfen haben.

Für eine Stadt hat Wien einiges an Grünraum. Ein bisschen Wienerwald, ein Viertel des Nationalparks Donau-Auen, viele Parks. Ein Drittel dieser Grünflächen werden aber landwirtschaftlich genutzt – vor allem im Ackerbau in den Randbezirken 10., 21. und 22. Bezirk. Erwerbsgartenbau ist im 11. und 22. Bezirk ziemlich stark und auf den Weinbau darf man auch nicht vergessen. Immerhin ist Wien die weltweit einzige Großstadt mit ökonomisch bedeutsamem Weinbau innerhalb der Stadtgrenzen. In Summe sind das 5.700 Hektar landwirtschaftlich genutzte Flächen in Wien, die von rund 600 Landwirt*innen bewirtschaftet werden.

Gärtnerei aber Gemüsegarten

„Wenn wir jemanden aus den Bundesländern erzählen, dass es viele Erwerbsgärtner gibt, dann glauben die oft es geht um Zierpflanzen. Aber Wien produziert von allen Bundesländern zum Beispiel die meisten Gurken“, so Alex Frauneder, der seit September 2022 der Obmann der Wiener Landjugend ist. (PS: Auch mit Paradeisern, Melanzani und Petersilie liegt Wien ganz vorne.) 

Gruppenfoto der Wiener Landjugend

Ganz vorne am Foto sieht man den Landesvorstand der Landjugend-Junggärtner Wiens: Alex Frauneder und Alexandra Schlosser
© Wiener Landjugend-Junggärtner

So viel also zur Legitimität der Landwirtschaft in Wien. Die Wiener Landjugend gibt es schon seit den 50er Jahren und heißt heute genaugenommen „Wiener Landjugend-Junggärtner“. Sie besteht aktuell aus den beiden Bezirksorganisationen Oberlaaer Landjugend und Simmeringer Junggärtner. Alle zwischen 15 und 35 Jahren, die Lust auf Vereins- und Landleben haben, können dabei sein – unabhängig ob Landwirtschaft zuhause oder nicht. Aber das ist ja bei allen Landjugenden so. 

Klein aber fein

In Wien sind das fast 140 Leute. „Im Gegensatz zu Niederösterreich mit seinen 20.000 Mitgliedern ist das natürlich nix. Aber wir kriegen viel Unterstützung von anderen Bundesländern, wenn wir Referenten für Events brauchen, zum Beispiel“, so Alex.

Doch auch wenn es Unterstützung von den anderen Bundesländern gibt, interessiert es uns schon: Werdet ihr von den anderen ernst genommen? Alex lacht: „Mir kommt es schon so vor, dass bei Veranstaltungen vielleicht hinter unserem Rücken über uns geredet wird. Wir wissen ja alle, dass Wiener*innen oft einen gewissen Ruf haben, dass wir grantig sind und so. Aber das muss man mit Schmäh nehmen und sich eine Gaudi daraus machen. Das ist ja auch etwas, das zur Landjugend dazugehört. Auf Veranstaltungen merken die anderen Landjugenden dann schnell, dass fachliche Gespräche über die Landwirtschaft durchaus mit Wiener*innen möglich sind. Da staunen sie dann schon auch einmal.“

„Außerdem: Fast alles, was es in anderen Bundesländern bei der Landjugend gibt, gibt es bei uns auch. Beim Forst und Pflügen Cup sind wir zwar nicht vertreten, beim 4er Cup und Landesentscheiden aber schon“, so Alex.

Wien ist ein Dorf

Und so unterschiedlich ist das Landleben in Wien zum Landleben in Niederösterreich oder anderen Bundesländern dann auch nicht, wie Alex, der selbst in Oberlaa (Teil des 10. Bezirks Favoriten) lebt, erzählt: „Wir sind ein Dorf, das verteidige ich auch immer. Es gibt das Wien, aber auch das ländliche Wien. Bei uns kennen sich alle. Wir haben einen Blasmusikverein, die Feuerwehr, etliche Heurigen wo immer was los ist. Aber wir sind ja auch schnell in Niederösterreich, wenn es wo ein Feuerwehrfestl gibt.“

Und wenn einmal wirklich nix los ist, dann wird schon der Vorteil der Großstadt genutzt und dann gehen die Wiener Landjugend-Mitglieder in die Clubs der Innenstadt. Favorisiert werden dann unter anderem das Bermuda Dreieck, der Volksgarten, Club-O oder das altbewährte U4, wie uns Alex verrät. „Und da trifft man dann auch wieder Leute, die man kennt.“ In einer gewissen Weise ist also auch Wien ein Dorf.