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Wie man gut lebt, wenn man nur Pech hat

Luger Sabrina

Robert Rendl, 51 Jahre alt, aus Waidmannsfeld in Niederösterreich, hatte alles, das „man haben will": Einen guten Job, ein Firmenauto, viel Kohle. Doch dann kam das Burnout und er fand zu dem Beruf, der ihn wirklich glücklich macht: das Pechen. Wir haben ihn im Wald besucht.

Der gelernte Tischler wollte mit 20 Jahren mehr als „nur“ in der Tischlerei stehen. „Chef sein, viel Geld verdienen und ein Firmenauto“, so Robert. Deswegen lies er damals die Tischlerei hinter sich, ging in die Baustoffbranche und legte die Karriere hin, die er wollte. „Bis ich mit ungefähr 40 sowas hatte, wo man heute ‚Burnout‘ sagen würde. Auch Herz und Lunge haben nicht mitgespielt.“

Daraufhin schickte ihn seine Frau in den Wald. Es klingt fast nach einem romantischen Märchen mit Happy End, war aber wirklich so: „Dort hab‘ ich einen alten Pecher getroffen, der das Handwerk seit Ewigkeiten betreibt. Normalerweise gibt man das innerhalb der Familie weiter. Der hat aber keine Kinder und es mir beigebracht.“

Ganze drei Jahre lernte Robert bei dem Pecher. Einem Mann, der Schwarzfichten so bearbeitet, dass er das Harz, dass austritt, auffangen und verarbeiten kann. Zwei Jahre durfte Robert aber nur mitgehen und zusehen, erst im dritten Jahr war es ihm erlaubt, die Bäume auch selbst zu bearbeiten: „Wir haben Glück, dass wir mit und von der Natur leben können. Sowas hat nicht ein jeder. Deswegen ist es ganz wichtig, dass ich den gewissen Respekt und die Dankbarkeit dem Baum gegenüber aufbauen kann, bevor ich ihn angreife und mir was von ihm nehme.“ Und das dauert eben Jahre.

Lieber große Bäume als das große Geld

Das große Geld interessiert ihn heute nicht mehr: „Ich habe etliche großzügige Angebote von Leuten mit viel Geld bekommen, die meinen Betrieb übernehmen wollten. Aber das habe ich alles abgelehnt. Das alte Wissen muss gehegt und gepflegt werden, nicht verkauft. Das ist für mich eine wichtige Sache. Und es ist außerdem wichtig, dass man es richtig macht, weil dann kann der Baum nach dem Pechen auch weiterleben.“ Alleine würde er die ganze Arbeit heute aber nicht mehr stemmen. Immerhin hat er ungefähr 1.000 Bäume in dem von ihm gepachteten Wald, die mindestens einmal pro Woche bearbeitet werden müssen. Das ergibt im Jahr ungefähr zwei bis drei Kilo Harz pro Baum. 

Und auch wenn es dem Pecher nicht um das Geld geht – das Geschäft ist lukrativ. Immerhin kann Robert, seine beiden Söhne, die das Pechen von ihm lernen, seine Frau und der Bruder davon leben. Aber wie es immer so ist: Da steckt auch harte Arbeit dahinter. „Wir sind so zwischen 25 und 30 Wochenenden im Jahr auf Märkten unterwegs und haben wenige Vertriebspartner. Ganz absichtlich, eigentlich. Nur an Sonnentor verkaufen wir unser Räucherharz.“

Von was man Leben kann

„Harz ist ja mehr oder weniger das Blut des Baums. Da sind so viele gute Stoffe drin.“ Verwendet wird es auf Wunden, aufgesprungenen Fingern oder Fersen. Harz ist entzündungshemmend, keimtötend und konservierend. Der Klassiker unter den Produkten: Der Pechbalsam. Da sind nur Bienenwachs, Olivenöl und Harz drin. Weiters stellt er gemeinsam mit seiner Familie andere Cremen, ätherische Öle und viele weitere Produkte her. Diese vertreibt er einerseits im Onlineshop, vor allem aber auf Messen, wie beispielsweise der Ab Hof Messe in Wieselburg, wo wir ihn kennengelernt haben. Abseits vom Marktstandl gibt es auch Seminare und einen kleinen Ab-Hof-Laden.