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Vom Bildschirm ins Beet: Wie myAcker von der Idee zur Marke aufstieg

Mayr-Hassler Dieter
myAcker Gründer im Gespräch

Weil sich zwei Burschen aus Kärnten in die Köpfe von Städtern versetzt haben, entstand die geniale Idee von myAcker. Mittlerweile wurde aber aus der Idee ein vielseitiges Business-Modell. Wir haben myAcker in ihrer Firmenzentrale in Spittal an der Drau besucht und hinter die Kulissen des Erfolgs geblickt.

Im Nebentrakt einer aufgelassenen Getreidemühle ackern hier 16 Mitarbeiter, um regionale Lebensmittel in den Mittelpunkt zu rücken, erklärt uns Co-Founderin und CMO Kathrin Angermann-Wernisch. Das 2017 gegründete und 2018 als GmbH neu aufgelegte Unternehmen hat mittlerweile vier Standbeine.

CMO von myAcker Kathrin Angermann-Wernisch

Co-Founderin und CMO Kathrin Angermann-Wernisch mit dem AckerSaft

  • Das Ursprungsprojekt: myAcker, der Online-Garten

  • Die AckerBox: Regionale Selbstbedienungsboxen

  • AckerSaft: Naturbelassene Fruchtsäfte

  • ackerPay: Eine Zahlungslösung für Selbstbedienungsshops

Wie so oft begann alles mit einer kleinen Idee. Statt in einer Garage in Albuquerque wie bei Microsoft war es aber in diesem Fall das Mölltal in Kärnten.

myAcker: Wie alles begann

Der heutige CEO, Christoph Raunig, saß zu Hause im Mölltal und überlegte sich, warum Leute sich nächtelang für ein iPhone anstellen, aber sich niemand um den Wert von hochwertigen Lebensmitteln schert. Was lag da näher, als die Lebensmittel einfach ins iPhone und seine Verwandtschaft – Tablet und Notebook – zu bringen?

Damit war das Rohkonzept eines real gewordenen Landwirtschafts-Spieles wie Farmville geboren. Mit Patrick Kleinfercher, der heute als CTO fungiert, fand Christoph einen kongenialen Partner, der die Idee in ein anwendbares Computerprogramm umsetzen konnte.

Das war am Anfang gar nicht so leicht. Aber detailverliebt wurden für alle denkbaren Pflanzen in den verschiedensten Wachstumsphasen grafische Gegenstücke für myAcker geschaffen. Die Macher entschieden sich für eine verspielte und witzige Grafik, die auch die echten Wachstumsphasen des Gemüses realistisch darstellt.

Vom Spiel zum Acker

Die virtuelle Version war geboren, aber die Umsetzung am echten Acker fehlte noch. Zum Glück fand sich bald ein kleines Feld in Möllbrücke. Dort ist jedes Online-Gärtchen in Natura genau 6 Quadratmeter groß.

2017 startete man dann mit den ersten zahlenden Kunden und versuchte, deren spielerische Gärtnerarbeit in die Realität umzusetzen. Was die ersten Online-Gärtner nicht wussten: Auch die myAcker-Betreiber mussten sich das Gärtnerhandwerk erst aneignen und die Grundlagen des Gemüseanbaus lernen.

Patrick Kleinfercher und Christoph Raunig mit dem AckerSaft

Das kongeniale Duo von myAcker Patrick Kleinfercher links und Christoph Raunig rechts

Aber die Burschen bekamen von landwirtschaftlichen Dingen doch mehr mit, als sie erst wahrhaben wollten, und es gibt ja auch immer echte Bäuerinnen und Bauern in der Nachbarschaft, die sie um Rat fragen konnten. Der Start glückte jedenfalls, und die ersten Städter bekamen ihre ersten Kisten mit ihrem über spielerische PC-Anweisungen herangereiften Gemüse.

Das Sprungbrett "2 Minuten 2 Millionen"

Der große Durchbruch kam dann mit dem Auftritt in „2 Minuten 2 Millionen“. Neben dem Kapitalzuschuss brachte die Fernsehsendung im Jahr 2018 enorme mediale Reichweite. Die Webseite brach nach der Ausstrahlung des Beitrags zusammen, weil sie den zigtausenden Zugriffen nicht gewachsen war. Der Fehler war bald behoben und dann ging es richtig bergauf.

Heute hat myAcker insgesamt 3500 Gartenparzellen und 3266 Online-Gärtnerinnen und -Gärtnern. Aufgrund der Nachhaltigkeit und auch der einfacheren Logistik hat man die Anbaufläche in die Nähe der Kundschaft, meist aus dem Großraum Wien, verlegt. Ein Bio-Gemüse-Bauer-Paar aus dem Tullner Feld betreut nun die Kleingartenparzellen für die PC-Gärtner und sorgt für die Auslieferung der Ernten an ihre Besitzerinnen und Besitzer.

Gärtner von myAcker am Feld

Und wie läufts im Dorf mit myAcker?

Na ja, an einem Klein-Gemüse-Garten via PC waren die Leut' am Land klarerweise nicht allzu interessiert, da die meisten einen echten, eigenen Garten vor der Tür haben. Aber "die kamen zu uns ins Büro und sagten: Hey, wir wollen auch coole regionale Lebensmittel, wie ihr sie bei myAcker anbaut." Das war die Geburtsstunde der AckerBox.

Mittlerweile gibt es bereits18 Stück dieser schwarzen Selbstbedienungs-Container, in denen es ausschließlich regionale Lebensmittel zu kaufen gibt. Dann wird auch noch ein eigener AckerSaft produziert. Jährlich gehen 100.000 Flaschen der Gemüse-Obst-Saft-Kombi in vier Geschmacksrichtungen über den Ladentisch.

Zum Erfolg: Know-How verschmelzen lassen

Spartenübergreifendes Denken führt nicht selten zum Erfolg. Das haben wir bereits beim Heimkehrer Andreas Achleitner gesehen, aber auch bei Design ab Hof. Im Fall von myAcker verschmelzen die Möglichkeiten am Land mit moderner Technologie. Und sie gehen noch weiter.

Feld in Mühldorf

Das Wissen und die Erfahung aus der Software für die Zahlungsabwicklung der AckerBox wird nun in Form von ackerPay an ähnliche Selbstbedienungs-Läden weitergegeben. Die AckerBox wird meistens von Franchisenehmern geführt. "Wenn einem Direktvermarkter unser System gefällt, er aber keine Ackerbox will, sondern nur seine eigene Produktpalette verkaufen will, dann sind wir mit ackerPay der perfekte Partner", wirbt Katrin für die Software-Abteilung ihrer Firma.

Im letzten Jahr erhielt das Unternehmen ein sechsstelliges Investment, was wieder beweist, dass auch anfänglich kleine Ideen richtig groß werden können.